Antoninus Pius
Marcus Aurelius Antoninus Pius (121 - 180) "hat durch seine Gelehrsamkeit einen ebenso großen Ruhm erlanget, als durch seine Regierung, welche insgemein das güldene Zeitalter genennet wird." Er "lies die Verbesserung des Staats und der Sitten der Bürger sein beständiges Augenmerk seyn, so daß er den großen Ruhm hinter sich lies, er habe die schlimen Bürger zu guten, und die guten zu den besten gemacht. Hierauf sahe er bei allen seinen Reisen, zu welchem Endzwek er Künste und Wissenschaften beförderte, Schulen anlegte, öffentliche Lehrer bestellte, und sie mit Einkünften versahe, wie diese Vorsorge besonders Athen genossen hat."
Auf die Berichte über seine Reisen (nach Syrien und Ägypten) nimmt Gerhard Mercator hier wohl Bezug. In seinen 12 Bücher (meditationes) de se ipso, seu vita sua, von Guil. Xylander 1558 bei Andreas Gesner in Zürich herausgegeben, ist von seinen Reisen nicht die Rede. Wo das Itinerarium Antonini zu finden ist, habe ich bis dato nicht herausfinden können. Mercators Exemplar - hgg. von Heinrich Stephan, wann?, wo? - war in seiner Bibliothek (vgl. den Catalogus librorum bibliothecae1604, S.21) zusammengebunden mit Pomponius Mela [?De situ orbis] , Julius Solinus [?De situ orbis terrarum & memorabilibus, quae mundi ambitu continentur liber, ?De mirabilibus mundi] u.a. "cum annotationibus marginalibus".
coma berenices
Berenice (um273-221 v.Chr.) war Königin im alten Syrien und Ägypten. Sie war die Tochter und Nachfolgerin des Königs Maga von Syrien. Im Jahre 247 heiratete sie Ptolemäus III. und vereinigte damit erfolg- und folgenreich die Regentschaft von Syrien mit der von Ägypten.
Sie schnitt sich ihren wallenden Haarschopf (coma berenices), um ihn für die sichere Rückkehr ihres Gatten aus dem Krieg auf dem Altar der Götter zu opfern.
Folgen wir Callimachus und Catull, so benannte der sicher aus dem Krieg heimgekehrte Ptolemäus III. ein Sternbild nach der Opfergabe seiner Gattin: Coma Berenices.
Mercator: Cincinnus = Das gekräuselte Haar = Berenicis crinis = Das Haar der Berenice


Antinous
Kaiser Publius Aelius Hadrianus (76-138) war dem jungen Antinous - geboren um 111 in Claudiopolis - offenbar derart in homo-erotischer Beziehung verbunden, daß die Beziehung Beider der mythologischen Beziehung zwischen Zeus und Ganymed gleichgestellt wurde. 
Als der junge Antinous132 auf tragische Weise im Nil umkam, versank Hadrian nahezu in Umnachtung. Im Traum scheint ihm der Tod des Antinous als Aufstieg zu den Göttern vorgekommen zu sein, so daß er Antinous kultisch  "zur Ehre der Altäre" erhob und ihm kurz nach seinem Tod - noch in 132 -  ein Sternbild - heute als Teil des Sternbildes Aquila angesehen -  zuordnete.


[1]DE USU
Die Überschriften sind von J. van Raemdonck aus dem Text Mercators abgeleitet worden. Ich gliedere den Text in die Hauptteile 
  • III Über [einige Probleme und] den Gebrauch des Erdglobus 

  • [Für den ersten Teil ist die Überschrift Raemdoncks zu kurz gefaßt, da er sowohl Aussagen über den Gebrauch des Globus als auch die Darstellung bzw. die Mitteilung einiger Probleme an Kaiser Karl V. enthält.]
  • III Über den Gebrauch des Himmelsglobus
  • III Über den Gebrauch des Astronomischen Rings
Ad I: In wesentlichen äußert sich Gerhard Mercator
(1) über seine magnetischen Studien - im Zusammenhang damit -
(2) über die (längst ad acta gelegte) Moluccenfrage
(3) über die Korrekturen, die an der Kartierung Europas nach Ptolemäus anzubringen sind, sowie - daraus schlußfolgernd - 
(4) über seine Erkenntnis, daß der Nullmeridian durch Corvo nicht durch Neu-Indien hindurchgeht.
(I.1.1) Mercator wiederholt seine spätestens mit dem 1546er Brief an den Bischof von Arras ?bekanntgewordene Ansicht über die prinzipielle Lage des magnetischen (Süd-)Pols - der Brief wurde erst 1869 durch Breusing allgemein bekanntgemacht - , diskutiert dann aber seine konkrete Lage unter - nach 1546 - veränderten Gesichtspunkten..
(I.1.2) Da er alle seine erdmagnetischen Überlegungen unter das Axiom von den Isogonen (als Großkreisen) stellt, kommt er jetzt zu zwei - vorher noch nie und nirgends gemachten - Vorschlägen: 
(a)  wie man den Längengrad eines Ortes mit Hilfe der Kompaß-Mißweisung am betreffenden Ort findet und 
(b) wie man - umgekehrt - die Kompaß-Mißweisung an einem Ort mit Hilfe des Globus findet.

Axiom von den Isogonen: Iso-Linien sind Kurven gleicher Meßwerte in einer Kurvenschar; Isogonen sind Kurven gleicher magnetischer Deklination, Isoklinen sind Kurven gleicher magnetischer Inklination.
William Gilbert konnte sich (1600) die magnetischen Eigenschaften des loadstone's bzw. der mit ihm bestrichenen needle nur durch das Modell von der Erde als Magnet selbst erklären. Erst J. Tobias Mayer (1760), J. Heinrich Lambert (1766), C.A. Coulomb (1785) näherten sich einer mathematischen Theorie des Magnetismus, die dann 1832/33 in der Arbeit von C.F. Gauß über die Intensitas vis magneticae terrestris  ihren (ersten) Abschluß und Höhepunkt fand.


[2]Erforschung
Die beiden ersten Abschnitte rekapitulieren die Argumentation des Briefes, den Gerhard Mercator am 23. Februar 1546 an den Bischof von Arras geschrieben hatte. In diesem Brief diskutiert er die Lage des Poles mit Bezug auf die Zeichenfehler, die ihm beim Studium diverser Karten der Küste Kanadas aufgefallen waren: mal fielen in diesen Karten die Breitendifferenzen zu klein, mal zu groß aus. Da ihm schon die Küsten Afrikas - in den Karten ptolemäischer Tradition - Kummer gemacht hatten (s.w.u.), erkennt er nun - cepi ego diligentius errorum causas perquirere, potissimamque inveni in magnetis ignorata conditione consistere - , daß die Fehler in den Seefahrtsberichten ganz allgemein in die Nichtberücksichtigung der - von Ort zu Ort sich ändernden - magnetischen Deklination  - den unbekannten magnetischen Bedingungen - zu setzen ist. Wie aber macht man sich die von Ort zu Ort unterschiedlichen Abweichungen der Magnetnadel vom geographischen Nordpol plausibel? Am besten so, daß man den "wahren Punkt" herausfindet, auf den die lingulae nauticae verweisen.
"Wo dieser Punkt zu suchen ist, nach dem die Magnetnadel so fleißig strebt, das will ich jetzt - so weit ich vermag - Euer Hochwürden allgemein beschreiben. Zunächst bestätigt die Erfahrung, daß die Magnetnadel [das nautische Zünglein] an ein und demselben Ort nach ein und demselben Punkt vom Himmelsnordpol abweicht. Am Himmel kann dieser Punkt also    nicht gelegen sein, denn da jeder Punkt am Himmel - mit Ausnahme des Himmelspoles - an einer drehenden Bewegung teilhat, müßte die Nadel beim täglichen Umschwung eines derartigen Punktes sich bald nach der einen, bald nach der anderen Seite wenden, und somit wechselnde Deklinationen zeigen, was der Erfahrung widerspricht. Demnach muß jener  Punkt auf der fest ruhenden Erde zu suchen sein.
.
Hatte er sich 1546 auf die Lagen von Walcheren und Danzig eingelassen, 
"Nachdem ich den Längenunterschied zwischen der seeländischen Insel Walcheren und Danzig genau berechnet und die dazwischenliegenden Küsten nach den Angaben der Seeleute auf das sorgfältigste gezeichnet habe, finde ich, daß Danzig hiernach ungefähr 1° nördlicher liegt als seine gegenwärtige Lage angenommen wird, woraus ich schließe, daß die Magnetnadel in Danzig etwa 5° mehr vom wahren Nordpol abweicht als in Walcheren. In der Gegend dieser Insel beträgt, wie ich weiß, die östliche Mißweisung 9°. In Danzig wird die Nadel also 14° abweichen. Legt man nun durch beide Orte Großkreise, die mit den Meridianen genau diese Winkel haben, so ergibt sich, daß ihr Durchschnittspunkt auf etwa 79°N und 168°O fällt, so daß hier also der magnetische Pol liegen muß." 
Vgl. Hellmann [Rara] S. 67-68), ebenso in der Lebensdarstellung das Jahr 1546

Da Mercator 1546 weder die Koordinaten von Walcheren (?Middelburg) noch von Danzig anzeigt, gehe ich beim Nachrechnen von den Koordinaten von 1569 bezüglich der Kapverdischen Insel Bonavista aus: Walcheren = (26°48'O|51°36'N), Danzig = (43°30'O|54°48'N). Das Ergebnis führt mit den angegebenen Deklinationen zu einer Breite von 78°20'N in guter Übereinstimmung mit Mercators Angabe von 79°N.

so läßt er sich nun auf die Lagen von Corvo und Löwen ein:
 
Das Resultat der Rechnung: 
Der '54er Magnetpol' liegt in einer Breite von 77°7' auf dem Meridian von Corvo.. 
Da Mercator aber nicht rechnete sondern zeichnete, kann seine Angabe (73°2' - wenn kein Abschreibefehler vorliegt: 3 anstelle von 7) und d.h. ihre Abweichung durch Meßfehler an einer vielleicht zu kleinen Zeichnung verständlich gemacht werden. 
In einer Zeichnung (Kugelradius = 16 cm) sind auch (meine) 0,2° nur geschätzte: Konstruiert man durch Umlegung beider Großkreise den Polpunkt, so erhält man etwa 77°12'.
Josef Müller-Reinhard gab 1913 als Ergebnis seiner Rechnungen "ungefähr 77°" an (Averdunk S.122).


1569 fixiert er ein weiteres Mal die Lage des Magnetischen Pols; er geht dann allerdings nicht mehr von der Azoreninsel Corvo sondern von den Kapverdischen Inseln aus: "Polus magnetis respectu insularum capitis viridis." In der Legende De longitudinum geographicarum initio et polo magnetis der Weltkarte heißt es u.a.:

"Franziskus von Dieppe, ein sehr erfahrener Kapitän, bezeugt, daß die beweglichen (magnetischen) Nadeln, von der magnetischen Kraft beinflußt, bei den Kapverdischen Inseln, bei Bonavista und der Insel Maio direkt auf den Erdpol zeigen.Damit stimmen diejenigen eng überein, die sagen, daß dies [auch] auf Terceira oder S.Maria (das sind Inseln der Azoren) geschehe. Einige wenige vermuten, daß sich dies ebenso auf der westlichsten dieser Inseln mit dem Namen Corvo zutrage.
"Und da anderswo die Magnetnadel mehr oder weniger vom Pol abweicht und es irgendeinen speziellen Pol geben muß, auf den sich die Magnetnadeln aus allen Teilen der Welt beziehen, habe ich ihm den Ort zugewiesen, an dem ich ihn gekennzeichnet habe, zu dem ich die magnetischen Abweichungen von Regensburg benutzt habe."
Leider gibt er die | seine Mißweisung von Regensburg nicht an.
Die Kapverdischen Inseln liegen auf dem Erdglobus etwa östlich von Corvo.

Von 1546 bis 1569 zusammengestellt:

1546
Nulllinie durch Bonavista (1569): A = Walcheren C = Danzig
Rechnung: 78°20' N  Mercator: 79° N
1554
A = Corvo C = Löwen
Rechnung: 77°7'  Zeichnung (heute): 77° 12'  Mercator: : 73°2'
1569
mit Bezug auf Corvo: (173°48'O | 77°N) 
77° = die berechnete '54er Breite (Mercator: 73°2') !
1569
mit Bezug auf S.Maria: (180°O | 73°12'N ) 
73°2' = die Breite von 1554 !

Da die Deklination von Regensburg nicht angegeben wird, könnte man sich 

a) auf die bisher gemachten Angaben Mercators bezüglich Löwen, Walcheren und Danzig einlassen: Mittelt man die drei Ergebnisse, so erhält man in guter Übereinstimmung mit Mercators Werten von 1569 | 1954 eine Magnetpolbreite von 73°45'. Geht man dagegen von der Annahme 

b) einer Deklination von ?12°O im Regensburg = (36,6°O|48,8°N) der damaligen Zeit aus, so liegt der Magnetische (Süd)Pol mit Bezug auf die Kapverdischen Inseln in einer Breite von 73°20' auf Mercators 180.Längengrad - in bemerkenswerter Übereinstimmung mit Gerhard Mercators '69er | '54er Datum. Hätte damals in Regensburg eine Deklination von 10° O vorgelegen, so fiele der Polpunkt in die Breite 76°39'.

Interessant scheint mir zu sein, daß John Gregorie (1607-1649), "Master of Arts of Christ-Church in Oxon" noch 1649 in seiner Abhandlung Beschreibung und Gebrauch des Erdglobus die Diskussion über die Festlegung des "Hauptmeridians" mehrfach aufnimmt:
"Concerning the Difference of Geographers in the placing of their Great Meridian, and the Causses pretending thereto. 
... This Coincidencie of the Magnetical Meridian with that of the World, Som of them will have to bee in the Isles Corvo, and Flores, the most Western: Others in S. Michaël, and S. Marie, the more Eastern of the Azores. 6 'Tis true indeed that the Variation is less in these Isles, then in som other Places, yet it is by experience found, that the Needle in Corvo North-Westeth 4 Degrees: in S. Michaël it NorthEasteth 6 Degrees: And therefore the Great Meridian should rather have been drawn through Fayal, where the Variation is but 3 Degrees to the East; Or especially through the Cape of good hope, where the Needle precisely pointeth to the True North without any Variation at all by a River side there, which therefore the Portugals have called Rio de las Agulias, The River of the Needles. 
Es ist schon interessant, welche Diskussion Gerhard Mercator mit seiner Legende 1569 über den Magnetpol losgetreten hat. 
Die Erfahrungen - von denen Gregorie im Folgenden spricht -  zeigen ihm, daß die Deklination an einem (festen) Ort - überhaupt und nicht nur "at Limehouse near London" - veränderlich ist. Diese Veränderlichkeit nötigt Gregorie (1649) daher den folgenden  - wenn gleich substantiell - falschen Schluß ab (Sperrung von mir):
But which is more, the Magnetical Needle hath no certain Pole in the Earth at all, and under the verie same Meridian is found to varie in som places but 3, or 4 Degrees; in other 17, and more; and which is wors (if it bee true) the Variation it self hath been lately charged upon with a verie strange and secret inconstancie by the Professor in Astronomie of Gresham-College. Hee saith that the Variation of the Needle at Limehous near London, which Mr Burrows found to bee 11 Degrees, 15 Minutes, in the year 1580: M Gunter in the year 1622 found it to bee but 6 Degrees 13 Minutes. But Hee himself in the year 1634 found it to bee but 4 Degrees, or verie little more; which in the space of 54 years is a difference of 7 Degrees to the Less. So little reason is there why the Greek Meridian should give place to the Magnetical, besides the great confusion which must needs follow, as it hath. 
Was die von Bur(r)ough 1581 angemahnten "considerations of the Variation" anbetrifft, so mußte die Seefahrt immerhin noch bis zum Jahre 1702 zuwarten - denn dann  erst zeichnete Edmund Halley in seine Tabula Nautica erste Isogonen:

,

und - nicht nur - die Längenbestimmung auf  See ließ selbst zu diesem Zeitpunkt noch zu wünschen übrig. 

What Cours is to bee taken with this Varietie of Meridians, and how followed, or neglected by the Geographer.
... That the Great Meridian by the most Ancient Greek Geographers was made to pass through the Fortunate Islands, now called The Canaries. That from thence it was translated by the Arabians to the uttermost Point of the Western-Shore. That our own Geographers removed it into the Azores placing it som of them in S. Michaël, others in Corvo. That the Best of them brought it back to the Canaries again, and drew it upon the Pico in Tenariffe; The same, or thought to bee the same with Ptolomie's Junonia. That the Difference of Longitude from El Pico to the Arabick Meridian is 10 Degrees more East according to Abulfeda the Prince. From Pico to the Isle of S. Michaël 9 Degrees. From Pico to Corvo 15, and both so much more West. And such, or such a Meridian I mean to follow. 
To this very purpose the same Abulfeda in the Introduction to his Geographie. It is received by Tradition (saith hee) that the Inhabited Earth begineth at the West in the Fortunate Isles, as they are called, and lying waste as now. From these Islands som take the Begining of Longitude. Others from the Western Shore. The Difference of Longitude is 10 Degrees accounted in the Equator, &c. As for the Longitudes reckoned in this Book, they are all taken from the Shores of the Western Oceän, and therefore they are 10 Degrees short of those which are taken from the Fortunate Isles, &c. 
... Mr Carew in his Survey of Cornwall setteth down that Shire in the Longitude of 6 Degrees (I believ hee mean't 16) as most men account. But what doe's hee mean by that; or what manner of account is it which most men use in this case? Norden in the Introduction to his Speculum Britanniæ saith, That the Center of this Land, which hee taketh to bee about Titburie Castle in Stafford-Shire is 21 Degrees and 28 Minutes of Longitude. But from what Meridian all this while? for the Longitude may bee manie Degrees more, or less, or just so much as hee saith, and yet all may bee true. 
... Mr Speed more particularly professeth to follow Mercator; as in assigning the Longitude of Oxford, hee saith, that it is distant from the West 19 Degrees 20 Minutes by Mercator's Measure. So M. William Burton in the Description of Leicester-Shire. But how are wee the wiser for this? Mercator's Measure was not the same, for in his Globe dedicated to the Lord Granvella the great Meridian passeth through the Canaries; but in his great Map through the Azores. M. Gabriel Richardson in the State of Europe yet more distinctly telleth his Reader, That the Longitudes in his book shall bee taken from that Meridian, which passeth through the Azores. But whether from that in S. Michaël, or from the other in Corvo is not set down, and yet the Difference is 7 Degrees, and more: But hear lastly the Kingdom's Geographer in the Preface to his Britannia. ‘At insimulabunt jam Mathematici & in crimen vocabunt quasi in Geographicis Latitudinis & Longitudinis Dimensionibus toto Cœlo aberrârim. Audi quæso: Tabulas Astronomicas, novas, antiquas, manuscriptas, Oxonienses, Cantabrigienses, Regis Henrici Quinti diligenter contuli. In Latitudine à Ptolemeo plurimion discrepant inter se ferè conspirant: nec tamen Terram è suo Centro dimotam esse cum Stadio existimo. His igitur usus sum, In Longitudine autem nullus consensus, concentus nullus. Quid igitur facerem? Cum Recentiores perpendiculum navigatoria pyxide Magnete illitum inter Azores insulas rectà Polum Borealem respicere deprehenderim, indè Longitudinis Principium tanquam à Primo Meridiano cum illis dixi quam nec ubique  leptomer  permensus sum.’ So the Learned Cambden. Where note by the waie, that if the Translator hath rendered the Book no better then hee hath this Claus of the Preface, the best cours will bee for those that can, to read it in the Latine. The Autor's meaning I think was this. 
... But I finde by the Longitudes that Mercator was the Man that set up all these for Geographers. 
Mercator first of all kept himself to the Greek Meridian, as, Appian, Gemma Frisius, Maginus, and others; but understanding by Francis of Deip, an experienced Mariner, that the Compass had no Variation in the Islands of Capo Verde. And by others, that it had very little in Tercera, and S. Marie of the Azores, but not anie at all in the Isle Corvo, that hee might go a mean waie to work, and complie with the Common Meridian of the World (as hee took it to bee). Hee made his Great Meridian to pass (as himself saith) betwixt the Isles of Capo Verde and the Azores; that is, Through the Isles of S. Michaël and S. Marie, which was afterwards taken for Example by Plancius, Saunderson, and the common sort of others, so that little or no notice at all was taken of the Meridian by Corvo, no not by those of the biggest expectation, as M. Carpenter, M. Camden, M. Speed, and the rest; although this also was the known Meridian of som Globes of the very same Times; and before that, that is, before they had set their last hand to their Descriptions. And 'tis no mervail, for Mercator's Longitudes were more exactly accounted then before, and therefore they might well take his Meridian along with them. And 'twas not amiss to go by the most received, but then they should have said so, and withall, have set down the three severall Meridians at least, and the difference of Longitude betwixt them; and all this with more distinction then so, that another man should com after them to tell themselvs what Meridian they went by. 
And thus much of the First, or Great Meridian."



[3] [5]Breitengrad des Ortes wissen  |  auf den Breitengrad
Die Angabe der Breite ist erforderlich, damit der Meridianring korrekt auf die Polhöhe eingestellt werden kann. Erst dann können alle weiteren Überlegungen angestellt werden. (Satz von der Polhöhe.)
Ein Verfahren, den "wahren" Meridian mithilfe des Kompaß zu ermitteln, finden wir bei Peter Apian Cosmographus Liber (1524): Alia et iusta lineae meridianae inventio, col.51: 

bzw. Cosmographia (1540) f.XXIVv Prima Pars: Sequitur alia & exacta linea meridianae inventio:
 

Mercator ersetzt am Globus das Lineal durch den Höhenkreis. (Siehe die folgenden Anmerkung.)

[4]Meßschenkel des Höhenquadranten
Als latus fiducialis (Meßschenkel) des Höhenquadranten ist der Schenkel MC zu verstehen.

[6]Korrektur
Gerhard Mercator korrigiert - wohl als erster Geograph - die Vorstellungen des Claudius Ptolemäus inbezug auf die Längenausdehnung des Mittelmeeres und damit Europas. 
Bei Ptolemäus erstreckte sich das Mittelmeer über 62° - wie bei Gerhard Mercator 
(a) 1536 in seiner Doppelt-herzförmigen Weltkarte und 
(b) im "wiederhergestellten" Ptolemäus von 1578 / 84:
 

1541 beginnt auf seinem Globus eine vorsichtige Korrektur: aus 62° werden 58°; 
- die (weitere) Korrektur beginnt mit den Vorbereitungen zur Europa-Karte, die parallel zu seinen Untersuchungen zum "wahren" Nullmeridian verlaufen. In ihr hat das Mittelmeerbecken (1554 / 1572) noch eine Ausdehnung von 52.07°:
 

1569 mißt das Mittelmeerbecken schließlich 51°18'.

Daß dennoch nicht die "heutigen" und damals vielleicht bestmöglichen Ausmaße erzielt wurden, liegt wohl daran, daß Mercator ?offenbar keine Portolane des Zeitalters bekannt gewesen sind - wie ich schon 1994 vermutete.. 

Untersuchungen an der Universität Essen (Vermessungswesen | Kartographie : Prof. Dr.-Ing. Peter Mesenburg) im Jahre 2001 bestätigen meine Vermutung und machen den (bekannten) Unterschied kartometrisch fest:
.
Für das Mittelmeer ergibt sich nach Mesenburg ein Fehler von ungefähr 1.3 (Mercator) : 1 (heutigentags). Messen wir von Gibraltar (Säulen des Herkules) bis zum Strand von Antakya, so erhalten wir heutigentags ein Aufmaß von 41°13'; Mercator hatte in ad usum noch die w.o.a. 51°18' (1 : 1.25).
Die Ausführungen hier (1552ff) zeigen, daß das Studium der Quellen seiner - kommenden - Europa-Karte schon weit fortgeschritten ist. Und 1552ff  befindet er sich immer noch auf der Suche nach der Lage des "wahren" Nullmeridians: 1552 geht er durch Corvo, 1569 durch Bona Vista. Die magnetischen Isogonen hält er zu diesem Zeitpunkt - wie auch später noch -  für Großkreise einer kugelförmigen Erde. Ein Umdenken ist wohl wegen der fehlenden allgemeinen Erfahrung nie erfolgt. Und nur unter dieser Voraussetzung lassen sich seine Ausführungen an den Kaiser verstehen.
.

Daß er sich bei seinen "magnetischen" Überlegungen - sit venia verbo - nicht in schlechter Gesellschaft befand, beweisen die sehr viel späteren Experimente und nachfolgenden Theorien De magnete, magneticisque corporibus, et de magno magnete tellure (1600) von William Gilbert (1544-1603), welcher dieser allerdings nicht so sehr der Deklination als vielmehr der Inklination des Magneten widmet. Wie Mercator - die Linien gleicher Deklination sind Großkreise - glaubt Gilbert, daß es eine umkehrbar-eindeutige Abbildung der Bewegung der Inklinationen auf  die Folge der Breitengrade gibt (liber V) : ...this movement is in truth not a dipping movement, but really a revolution movement, and it describes an arc of revolution proportioned to the arc auf latitude. (Übertragung von P.F.Mottelay; die Unterstreichungen von mir.) Wie Gerhard Mercator kann er die von ihm angedachte Funktion zwar nicht arithmetisch wohl aber geometrisch darstellen. Und es ist wie bei Mercator : es handelt sich um eine spirall line.



[7]durch die Insel Corvo
 

Franco Roselli 1508
Der Meridian von Corvo ist rot eingezeichnet.


[8]nach Süden
 

Die Geographia des Ptolemäus wurde schon 1406 von Jacopo Angelo ins Lateinische als "Cosmographia" übersetzt, und um 
1415 fügten Francesco Lapacino und Domenico  di Leonardo Boninsegno die Kartentafeln dem Werk hinzu.

Im Cod. lat.V. F. 32 zu Venedig findet sich eine dem Nicolaus Germanus zugeschriebene Weltkarte in der Tradition des Ptolemäus, die die Argumente Gerhard Mercators illustriert
Kap Finisterre (C.Ft.) liegt auf 5.1/2° (Ferro)
Kap San Vicente (C.s.V.) liegt auf  3° (Ferro)
Entsprechende Lagebeziehungen finden wir auch noch in der Weltkarte Waldseemüllers von 1507.

In seiner Rekonstruktion "im Geiste des Ptolemäus" treffen seine Argumente noch 1578/84 zu.
Allerdings: Spanien erstreckt sich nicht mehr über 20 Längengrade.

[9]auf 20° hinzieht
 

[10]Ptolemäus
Da die Vorlagen Mercators nicht auffindbar sind, vergleiche ich seine Angaben von 1554 mit denen auf der Karte ad usum navigantium.
Die Angaben aus dem Atlaswerk von 1595 :: Rumold: Globularkarte, Michael: Amerika :: entsprechen den Lagen von 1569, da beide sie der Karte ad usum navigantium abgezogen haben.

Die Routen vor Portugal verlaufen in südlicher Richtung, die an der nordwestlichen Küste Afrikas - oberhalb des Äquators - in südwestlicher, südlicher und südöstlicher Richtung.

Bezüglich des "wahren" Meridians durch Bona Vista macht ad usum navigantium (1569) folgende Angaben:
 


1554 1569
Ferro 1.8° 
Corvo 349.5° 354°
Kap Finisterre 5.5° 12.3°
Kap San Vicente 13°
Kap San Agostino 348° 349.8°
Größe Spaniens 20° 14°

 


11]index horarius
Der index horarius besteht aus einem mit dem Ortsmeridian (am Nordpol) festverbundenen "Stundenkreis" mit einer 2x12h-Einteilung und dem mit der Weltachse - d.h. mit dem Äquatoring - festverknüpften "Stundenzeiger", so daß dieser den Winkel zwischen dem Ortsmeridian und dem 'Stundenkreis' eines Gestirns - sozusagen den "Fortschritt" des Gestirns seit seiner "oberen Kulmination" bzw. die Drehung des Äquators aus dem Ortsmeridian heraus - in Stunden, Minuten und Sekunden - zu messen in der Lage ist. 
 


[12]gnomonis sphaerici
 
Wie Mercator sich den gnomo sphaericus wohl gedacht hat, geht aus der Titelei der Abhandlung des Gemma Phrisius De principiis astronomiae et Cosmographiae hervor: 

Der Kompaß, das Lot und der "sphärische" stylus sind für den Gebrauch des Gemma'schen Erdglobus / des Mercator'schen Doppelglobus unabdingbare Hilfsmittel.


[13] arcturus
Im Sternbild Bootes (griech. bowthV - lat. (bei Mercator:) bubulcus = Ochsentreiber) finden wir den (hellen) Stern - nach Mercator: 1 Ordnung) Arcturus (RA= 14h15m45.51s | DE=19°09'10.41" | Epoche 2000) = alpha bootis. Im Sternbild Fuhrmann (lat. auriga) finden wir den (hellen) Stern (nach Mercator: 1.Ordnung) Hircus = Ziegenbock = Capella (RA=5h16m55.12s | DE= 45°49'13.71" | Epoche 2000). 
.
Es ist bei der Betrachtung der Sternbilder (nach Mercator) zu beachten, daß nahezu alle menschlichen Figuren-Sternbilder in der "Globussicht" von einem außerhalb der Himmelskugel liegenden Standpunkt aus (auf der konvexen Himmelskugel) dargestellt sind - nicht aber von einem Betrachter aus, der die Sternbilder auf einer (konkav-gesehenen) Hohlkugel - sozusagen mit korrektem Blick - aufgetragen sieht:
:
Der Unterschied zwischen der Globus- und der Himmelsansicht ist beim Vergleich der vorstehenden Mercator-Bilder mit einer "teleskopischen Momentaufnahme" gut erkennbar (Epoche 1550 - UTC: 16:33:24):

 
Von der Globusansicht hat Gerhard Mercator  zwei | drei Sternbilder ausgenommen; die Cassiopeia, den Antinous | und das Haupt der Medusa. Gerhard Mercator hat über die bekannten 48 Sternbilder des Ptolemäus hinaus, zwei neue auf seinem Himmelsglobus eingeführt:
Antinous und Das Haar der Berenice.

Ob Mercator erkannt hat, daß das Haar der Berenice (coma berenices) - astronomisch betrachtet - eine besondere Rolle als Zeiger auf den Nordpol (a = 12 h 49.0 m | d = 24 ° 24.0 ') des galaktischen Systems der Milchstraße spielt? Warum er beide Bilder neu aufgenommen hat, deren Sterne bei Ptolemäus als "externe" (außerhalb  der "eigentlichen" Sternbilder Aquila und Leo) vorkommen, ist unerfindlich. Vielleicht aber folgt er auch ganz einfach einem Hinweis von Copernicus in seinen Revolutionen.

Die Längendifferenz zwischen den Sternen des Ptolemäus und denen des Himmelsglobus beträgt rund 21°. Vermutlich hat er den Wert von 20°55' den Revolutionen des Copernicus entnommen 
Daß Gerhard Mercator äquatoriale Koordinaten aus den Sternentafeln des Copernicus1543 abgeleitet hat, halte ich für sehr unwahrscheinlich, denn schließlich enthalten die Tafeln des Copernicus wie die des Ptolemäus zodiakal-bestimmte Koordinaten, die Mercator in äquatoriale hätte (a) umrechnen - mit Hilfe einer rechnenden Mathematik, die Mercator - soweit heute bekannt - nicht beherrschte, bzw. (b) mühsam mit Hilfe der entsprechenden Tafeln der Revolutionen 31r, 31v gemäß Lehrsatz IV Buch I 21r ff hätte aufarbeiten müssen - ein Unternehmen, das erst Erasmus Reinhold auf sich genommen hat. Für sehr wahrscheinlich halte ich, daß er - im Besitze des Almagest - der konstruktiven Methode des Ptolemäus gefolgt ist:
Wenn er seinen Himmelsglobus aber nach der Methode des Ptolemäus konstruiert hat (Almagest VIII 3), ist es hinwiedrum unwahrscheinlich, daß er die Tafeln des Copernicus benutzt hat (wie Elly Dekker1992 unterstellt). Frau Dekker meint, er habe mehrere Verzeichnisse benutzt; D.J.Warner   führt Tafeln an, die - höchst - wahrscheinlich (nach Ausweis des Katalogs von 1604) nicht im Besitze Gerhard Mercators gewesen sind. Beide glauben eine Präzessionsdrift von 20°55' seit Ptolemäus ausmachen zu können. 
Ohne sonstigen Verweis kann diese Zahl nur den Revolutionen des Copernicus entnommen worden sein: III.12 78r, und in der Tat ist am Globus 1551 empirisch - d.h. in den Grenzen möglicher Meßgenauigkeiten - nachzuvollziehen, daß die Längenangaben bei Gerhard Mercator denen des Ptolemäus entsprechen - vermehrt um 20°55' , rd 21°.
Devorah J. Warner schreibt The sky explored S.174, daß "Mercator's star positions agree with those for epoch 1550 published by Johannes Schöner in his Globi Stelliferi, sive Sphaera Stellatum (Nuremberg 1551)". Sie glaubt, daß Schöner seine aus den Beobachtungen Bernhard Walthers (1430 - 1504) abgeleitet habe, die dieser angestellt habe, weil Regiomontan (1436 - 1468) auf etliche (akkumulierte) Fehler der Alphonsinischen Tafeln aufmerksam gemacht habe. Es ist aber sicher - die Herausgabe des Himmelsglobus hat gewiß eine ein- bis zweijährige Vorlaufzeit gehabt - , daß Gerhard Mercator Schöners Sterntabellen nicht benutzt hat
Die 1604 erwähnte Ausgabe Cl. Ptolemaei opera excepta Geographia (cum quibusdam notis marginalisbus Gerardi Mercatoris) Bas[el] l541 habe ich - bis dato - nicht auffinden können, - wohl aber die von Simon Grynaeus besorgte Ausgabe Magnae constructionis, id est, perfectae coelestium motuum pertractattionis, lib. XIII, Basileae, ap.Jo.Walder, 1538, fol. (Manitius: editio princeps).
Die Ausgabe des Almagest von 1528 (Warner) habe ich - bis dato - nicht aufgefunden.
 

Rectascension:
a = 24,26° = 1,617h = 1h37m2s
Deklination:
d =  7,99° = 7°59'.

UMRECHNUNG
(4) aus dem Zodiakalsystem ins Äquatorialsystem 

Gegeben (l | b) . 
Gesucht (a | d) . 
e = Schiefe der Ekliptik

Führen wir die Hilfsgröße Q ein : 
Q = arctan [sin (l) / tan (b)] 

a = arctan [tan (l) · sin (Q - e) / sin (Q)]
   Achtung: a und l müssen im selben Quadranten liegen!
d = arctan [sin (a) / tan (Q - e)]
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Rechnen wir ein historisches Beispiel durch: 

Peter Apian berechnete 1546 im Feldlager Karls V. die Saturnkoordinaten für den Geburtstag des Kaisers am 25. Februar 1500

l = 25°39'
b = -2° = 2°S

Für Q ergibt die Rechnung: Q = -85,39°. 
Damit erhält man einerseits / andererseits: 

 
"In sinistro humero fulgens quam uocant capellam":
Die (heutzutage) berechneten Koordinaten a Aurigae sind a = 4H 43M 42.1S | d =  45° 24'12''.

[14]antarcticum
Raemdonck: antarticum.